Zwischen Zeit - Adventszeit
Die Adventszeit als Vorbereitung aufs Fest diente schon immer auch dem Großreinemachen in Haus und Hof. Kein Winkel, der nicht aufgeräumt und ausgemistet wird, Unbenutztes, Verbrauchtes und Überholtes wird entsorgt, so dass bis zu den Festtagen alles geordnet und in neuem Glanz erscheint.
Nach alter Überlieferung beginnt nach der Winter-Sonnwende eine eigenartige und geheimnisvolle Zeitspanne, die man auch als „zwischen den Jahren“ bezeichnet; gerade so, als ob die Zeitrechnung einige Tage außer Kraft gesetzt würde.
Es heißt, die auf die Sonnenwende folgenden zwölf Tage (Lostage) hätten eine schicksalhafte Bedeutung für das kommende Jahr, wobei jeder Tag für einen Monat stehe. Des Nachts gingen außerdem Geistwesen umher, die jeden Winkel auf Ordnung und Sauberkeit überprüften und demjenigen im folgenden Jahr entsprechende Strafen brächten, der bis dahin nicht aufgeräumt hätte. Deshalb war es verpönt, während dieser Tage niedere Alltagsarbeiten zu verrichten. Insbesondere das Wäsche waschen, Spinnen von Wolle und Mist fahren galt als unheilbringend. Stattdessen beobachtete man in dieser Zeit die Umwelt, das Wettergeschehen, das Verhalten der Tiere und achtete auf seine nächtlichen Träume, um aus gewissen „Zeichen“ Schlüsse für das zukünftige Jahr zu ziehen.
Des Weiteren hatte man einen besonders liebevollen Umgang mit seinen Mitmenschen, aber auch mit Fremden zu pflegen und musste sich gegen jedermann, der einem begegnete, besonders gastfreundlich und freigiebig zeigen, - hieraus entwickelte sich dann das Geschenke-Verpacken zu Weihnachten - , um damit sein Schicksal positiv zu beeinflussen.
Aus jener Zeit, als „das Wünschen noch geholfen hat“, stammt auch die Sitte, dass man alle und alles, was einem lieb und teuer war, am Weihnachtsfestmahl teilhaben ließ. Unter anderem gab es in Obstbaugebieten den fast vergessenen Brauch des „Baumfütterns“: Man ließ vom Festmahl des Heiligen Abends etwas übrig und brachte es noch in der Nacht zu den Obstbäumen hinaus. In Ostpreußen begab man sich nach dem Festschmaus an Heilig Abend in den Stall und fütterte jedes einzelne Tier per Hand mit einem kleinen Häppchen vom eigenen Festessen.
In manchen Gegenden zündete man nachts Räucherbüschel an und „schaute in den Rauch“, um darin Ereignisse in der Zukunft vorauszusehen (Rauchnächte). Besonders die Sylvester-Nacht wurde für allerlei Orakel-Bräuche genutzt, die sich teilweise bis heute erhalten haben.
Heutzutage glauben wir, unsere Lebensumstände und die Naturereignisse weitgehend im Griff zu haben und wenden unsere Aufmerksamkeit am Jahresende ganz irdischen Dingen zu. Im Berufsleben dreht sich alles um Inventur und Jahresabschlussarbeiten, in der Freizeit ums Geschenke-Umtauschen oder Gutscheine-Einlösen. Alles in allem also geschäftige Betriebsamkeit, statt Muße, Gastfreundschaft und Großzügigkeit. Vielleicht resultiert ja daraus unser aller Los: jahraus jahrein dem Geld hinterher sein zu müssen.
Versuchen wir es doch alle wieder einmal mit dem Wünschen: Glückliche, gesunde und zufriedene Zeiten für uns alle im kommenden Jahr!
Edeltraut Janz