Bericht aus dem Ökogarten
Winterschlaf?
„…, die Blumen, die noch schlafen, werden Rosen wieder sein“ hat Karsten Troyke mit den Worten von Bettina Wegner im Konzert zum 15 jährigen bestehen des Hauses am Anger gesungen. Und mit dieser Gewissheit kann sich auch die Gärtnerin an meiner Seite guten Gewissens derzeit anderen Tätigkeiten widmen.
So gibt es denn aus dem Ökogarten wenig zu berichten, wenn ich nicht alte Kamellen aufwärmen will und dem zynischen Ratschlag Platz gebe, dass man des Birnengitterrostes auch Herr wird, wenn man alle Birnenbäume fällt und auf diese Weise den Wirtskreislauf unterbricht und die geliebten Wacholder rettet. Irgendwann kann man es dann ja wieder mit neuen Birnenbäumen versuchen und Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland wieder zu Ehren kommen lassen.
Aber, sagt meine Frau, Tiefschlaf ist nicht über den Garten gekommen, es gibt ja noch die Winterblüher, die sich ans Schlafgebot nicht halten. Es sind die Abweichler, die Eigenwilligen und Zähen, die ausgerechnet in der Kälte ihre Blüten treiben, sympathische Wesen, nicht wahr. Allerdings sind es meist keine einheimischen Pflanzen, die meisten kommen aus China oder Japan.
Allen voran der Winterjasmin aus dem Garten meiner Mutter mit seinen kleinen gelben Blüten an den blattlosen Zweigen, ein echter Nudist (Nacktblüher). Da sich alle seine Blüten nicht gleichzeitig öffnen, kann auch ein stärkerer Frost ihm wenig anhaben, sind doch für die erfrorenen Blüten immer wieder Knospen da, die neu erblühen. Auch der Duft- oder Winterschneeball blüht bei mildem Winterwetter, wie in diesem Jahr, schon vor Weihnachten. Die rosa Knospen seiner Dolden gehen jetzt zu kleinen weißen Blüten auf. Die Zaubernuss mit ihren eigenwilligen gelb-orange bis rot gefärbten spinnenförmigen Blüten ist eine der verbreitetsten Winterblüher in unseren Breiten und fehlt auch bei uns nicht.
Bei der Recherche zu diesem Artikel bin ich auf weitere winterblühende Ziergehölze gestoßen. Z.B. die Winterblüte aus der Familie der Gewürzsträuchergewächse. Dieser Strauch soll seine im Herbst hellgrün gefärbten Blätter nicht nur sehr lange behalten, vom Jahreswechsel bis in den März hinein soll er auch seine blassgelben Blütenglöckchen mit purpurner Mitte zeigen. Die Duftheckenkirsche, ein halbimmergrüner Strauch, der Sorte „Winter Beauty“ ab Dezember weiße röhrenförmige Blüten hervorbringen.
Alle diese Winterblüher bieten allerdings nicht die Blütenpracht der Frühjahrs- und Sommerblüher, sie sind die Puristen unter den Pflanzen. Ihre Blüten sind schlicht und klein, manchmal allerdings auch bizarr, wie bei der Zaubernuss. Und ich gestehe ja gerne, dass ich auf manch eine erst von meiner Frau aufmerksam gemacht werden musste. Diese Blüten haben in diesen frostigen Zeiten ja auch wenig Konkurrenz, die sie zu immer neuer Pracht antreiben würde. Recht hat meine Frau allerdings, wenn sie die Leuchtkraft der Blüten im Schnee oder im Schmuddelgrau dieser Tage lobt, es müssen einem dafür nur die Augen geöffnet werden. Dann erfreuen auch sie das Gemüt. Nun sind die Blüten bei den genannten Winterblühern sowieso nicht das Schönste, sondern es ist ihr Duft. Der reicht von Honig über Veilchen und Vanille bis zu Jasmin. Allerdings gibt es Unterschiede von Sorte zu Sorte und man sollte nichts „unberochen“ kaufen. Meine Frau hatte nämlich vom betörenden Geruch der Zaubernuss gelesen und war dem Ratschlag gefolgt, einen Zweig ins Zimmer zu stellen. Nach Honig und Veilchen sollte er nach dem Aufblühen duften. Von wegen, er stank! Bei einem der Autoren im Internet ist von einer würzig-fruchtigen Geruchsvariante die Rede, ob die das war?
Und wenn es in einem Weihnachtslied heißt „alles schläft, einsam wacht…“ so gilt das auch für unseren winterlichen Garten, es schlafen eben nicht alle, um im Sommer wieder Rosen zu werden. Wenn man genau hinschaut und riecht, dann merkt man, dass es auch jetzt blüht.
Wolfgang Levin