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Unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Fragwürdige Praxis der Stadtverordneten-Versammlung
Parlamentarische Diskussionen finden im Plenum statt und in Ausschüssen. So auch in der SVV in Falkensee. Alle Sitzungen sind öffentlich. In der Regel gibt es allerdings auch nicht-öffentliche Sitzungsteile, die den Stadtverordneten vorbehalten bleiben und über deren Verlauf und Ergebnisse man deshalb auch so gut wie nichts erfährt. Eine sinnvolle Regelung, ohne die schutzwürdige Interessen verletzt würden.
Doch unsere Stadtverordneten neigen seit längerem dazu, den nicht-öffentlichen Anteil von Sitzungen auszuweiten. Dies in zwei Varianten. Zum einen werden Themen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, mit leichter Hand in den nicht-öffentlichen Teil von Sitzungen verlagert. Als Beispiel für diese Praxis sei der geplante Verkauf des stadteigenen Geländes des Angler-Kasinos am Falkenhagener See aufgeführt. Das Gelände ließ sich selbst für den Freundschaftspreis von 64 Euro je Quadratmeter nicht verkaufen, weil es durch die zeitgleiche Verpachtung einer Teilfläche an diverse Angler-Vereine für den vorgesehenen Zweck praktisch wertlos wurde. Durch den beabsichtigten Verkauf war die Stadt zwar einerseits gehalten, im Interesse der Öffentlichkeit einen möglichst hohen Preis für das Grundstück zu erzielen und alles zu tun, damit es zu diesem Preis auch verkäuflich ist. Zugleich hat sie aber durch die Verpachtung genau das Gegenteil davon getan und damit bewirkt, dass das Grundstück unverkäuflich wurde. Als Falkenseer Bürger wundert man sich vielleicht und fängt an zu spekulieren aber „nichts konkretes weiß man nicht“. Denn: Alles wurde und soll auch in Zukunft nicht öffentlich verhandelt werden.
Das wäre völlig korrekt, ginge es bei diesem Sachverhalt schlicht um eine „Grundstücksangelegenheit“. Hier aber geht es um etwas ganz anderes, nämlich um das Geschäftsgebaren unserer Stadt in einer für Falkensee durchaus wichtigen Angelegenheit. Das Grundstücksgeschäft selber, etwa die Entscheidung darüber, welcher Käufer gegebenenfalls den Zuschlag erhalten soll, kann nicht öffentlich verhandelt werden. Wohl aber die wiederum viel grundsätzlichere Frage, was denn überhaupt mit dem stadteigenen Grundstück geschehen soll, welche Nutzung dafür im Interesse der Allgemeinheit angestrebt werden sollte. Und diese Frage stellt sich nach dem gescheiterten Verkauf sehr wohl und sollte nicht hinter verschlossenen Türen verhandelt werden.
Der Ausschluss der Öffentlichkeit geschieht zum anderen auch dadurch, dass Unterausschüsse, Arbeitsgruppen genannt, gebildet werden, die generell nicht-öffentlich tagen. Es existiert eine Arbeitsgruppe Straßenbau, die nicht öffentlich tagt. Die Arbeitsgruppe zur Vorbreitung der nächsten Ausbildungsbörse soll nach dem Willen der Stadtverordneten ebenfalls nicht öffentlich tagen. Dann hört man, dass die Fraktionsvorsitzenden ebenfalls tagen und Beschlüsse fassen, die für Falkensee bedeutsam sind. Nur was man nicht hört oder nachlesen kann: Eine Rechtsgrundlage für diese praktizierten Formen des Ausschlusses der Öffentlichkeit. Die Gemeindeordnung Brandenburgs bestimmt nämlich in § 44, dass die Sitzungen unserer Stadtverordneten generell öffentlich stattfinden. Die Öffentlichkeit kann nur ausgeschlossen werden, „wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen einzelner es erfordern“. Zudem kann in den Hauptsatzungen bestimmt werden, bei welchen Angelegenheiten die Öffentlichkeit auszuschließen ist. Bei uns sind das gemäß § 8:
- Personal- und Disziplinarangelegenheiten
- Grundstücksangelegenheiten und Vergaben
- Abgaben und Wirtschaftsangelegenheiten einzelner
- Aushandlungen von Verträgen mit Dritten
- die erstmalige Beratung über Zuschüsse.
Klare Sache, wann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden darf und wann nicht. Sollte man meinen. Grund für unsere Stadtverordneten, einmal in sich zu gehen und auf den Pfad der Tugend zurückzukehren!
Dietmar Zielke
Dazu ein Leserbrief:
Leserbrief zu:
„Unter Ausschluss der Öffentlichkeit“
In der letzten Ausgabe des „Falkenseer Kurier“ vom 18.2.2024 kritisierten Sie in dem o.g. sehr lesenswerten Artikel die Praxis, immer mehr Angelegenheiten im nichtöffentlichen Teil der Ausschüsse und des Stadtparlaments zu behandeln. Wir sehen manches ähnlich wie Sie, können uns aber Ihrer Schlussfolgerung, dass die Stadtverordneten dazu neigen, die nichtöffentlichen Anteile der Sitzungen auszuweiten, nicht anschließen. Die Vorgaben, welche Teile der Tagesordnung nichtöffentlich behandelt werden sollen, stammen von der Verwaltung, der zur Beratung ein Rechtsamt zur Seite steht. Es wurde aus unseren Reihen mehrfach kritisch angemerkt, dass wir eine nichtöffentliche Behandlung einzelner Vorgänge für problematisch halten, insbesondere dann, wenn wochenlang vorher recht detailliert in der Tagespresse darüber berichtet wird, die Abgeordneten aber der Pflicht zur Geheimhaltung unterliegen (z.B. Sportanlage Ringpromenade, Anglerkasino). Es ist für einen Abgeordneten in der Regel ein schwieriges Unterfangen, in der Sitzung die Frage klären zu wollen, ob ein Ausschluss der Öffentlichkeit zu Recht besteht. Auch eine nachträgliche juristische Prüfung oder die Einholung einer Stellungnahme durch die Kommunalaufsicht ist eine langwierige Angelegenheit und der Ermessensspielraum groß. Die grüne Fraktion wird die Herstellung der Öffentlichkeit so rechtlich möglich immer wieder anmahnen, schließlich ist es unser erklärtes Wahlziel gewesen, für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik zu sorgen.
„Öffentlichkeit“ entsteht aber vorwiegend durch Anwesenheit vieler Interessierter und durch eine wache und kritische Presse. Wir möchten alle Bürger ermutigen, mehr an den Sitzungen teilzunehmen, Rederecht zu beantragen (Anruf im SVV-Büro im Rathaus) und die Bürgerfragestunde zu Beginn der Stadtverordnetenversammlung für Fragen und Stellungnahmen vermehrt zu nutzen.
Die Fraktion (Bündnis 90/Die Grünen)
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