Nordumfahrung Falkensee
Gesammelte Daten aus dem Falkenseer Kurier
Das graue Band der Nordumrasung (10-2004)
Virtuelle Wette
Auf der Wahlveranstaltung der MAZ in Falkensee vor der Landtagswahl hat Heiko Müller von der SPD erwartungsgemäß einmal wieder für die Nordumfahrung L20 und den Ausbau des Havelländer Wegs geworben. Das sei nicht nur gut, um den Durchgangsverkehr von der Rathauskreuzung zu nehmen, sondern auch z.B. Finkenkruger würden auf ihrem Weg nach Spandau sicher die Umfahrung wählen. Ich habe zwischengerufen, das sei viel zu weit. Darauf hat Müller mir ein Wettrennen vorgeschlagen. Abgemacht!
Es muss vorerst ein virtuelles Rennen sein, denn die L 20 gibt es ja noch nicht. Ich habe es also auf meinem Taschenrechner gestartet.
Startpunkt ist der Bahnhof Finkenkrug, Ziel ist der Kreisel am Spandauer Platz. Man kann quer durch die Stadt fahren, ich habe es gemacht, es sind 5,3 km, für die ich 8:00 Minuten gebraucht habe, entsprechend 39,75 km/ Durchschnittsgeschwindigkeit. Donnerstags um halbfünf. Dann bin ich vom Bahnhof Finkenkrug zum Havelländer Weg Ecke Regensburger Straße gefahren. 3,2 km in 4:30 Min. entsprechend 42,66 km/h. Dort hört die Straße und die Bebauung bisher auf und es beginnt die bekannte Sandpiste. Ab da soll neu gebaut werden.
Der Weg, den Heiko Müller nun nehmen will, geht über den auszubauenden Havelländer Weg durch den Wald zur Landstraße nach Schönwalde, er biegt links ein und fährt ein Stück in Richtung Schönwalde, dann rechts auf die zu bauende L 20 im großen Bogen zum Spandauer Platz. Ich habe der Karte entnommen, dass das zusammen 4,5 km sein werden. Ich gehe einmal davon aus, dass Heiko Müller auf dem letzten Kilometer innerhalb des bebauten Orts (und in der Nähe der künftigen Landesgartenausstellung) etwa so schnell fahren kann, wie auf dem ersten Stück zum Havelländer Weg, d.h. für diesen Kilometer braucht er 1:30 Minuten. Er muss zweimal abbiegen, nämlich einmal links auf die Landstraße nach Schönwalde und dann rechts auf die vermutlich vorfahrtberechtigte L 20. Dafür rechne ich je 15 Sekunden - abbremsen, Vorfahrt achten und wieder beschleunigen. Das bedeutet, dass er für die 3,5 Kilometer 1:30 Minuten Zeit hat. Wir rechnen: 3,5 : 1,5 x 60 = 140. Heiko Müller muss auf der Nordumgehung eine Durchschnitts(!)geschwindigkeit von 140 km/h fahren, um unser kleines Rennen zu gewinnen. Das macht extreme Spitzengeschwindigkeiten erforderlich. Es ist nicht ganz leicht, das genau zu rechnen, weil die Beschleunigung und die Verzögerung beim Abbremsen ja nacht konstant sind. Aber ich bin sicher, dass Müller dafür erst ein neues, stärkeres Auto braucht, einen Rennsportwagen. Die Spitzengeschwindigkeiten, die notwendig wären, lägen jedenfalls weit jenseits von 200 km/h.
Da fahre ich doch wie angekündigt Fahrrad. Ich nehme mir für die Strecke Bahnhof Finkenkrug zum Spandauer Platz 12 Minuten Zeit. Wenn Heiko Müller auch auf der Umgehungsstraße innerstädtische Geschwindigkeiten fährt, was er tun sollte, kommen wir gleichzeitig an. - Gut, dafür muss ich ein gutes Müsli frühstücken.
Denken wir weiter. Heiko Müller will nach Spandau. Dazu biegt er nun am Kreisel links ab - und steht im Stau. Deswegen will er - das hat er so gesagt! - die Spandauer Straße bis zur Stadtgrenze vierspurig ausbauen. Anwohner, hört genau hin!
Jetzt schlage ich noch ein Gedankenspiel vor. Ich stelle mir einen Spandauer aus der Wasserstadt oder einen Siemensstädter vor, der z.B. nach Bad Doberan zu seiner Tante fahren will. Oder einen 38-Tonnen-Sattelzug nach Hamburg.
Welchen Weg wird er wählen? Ausgangspunkt wird diesmal der Falkenseer Platz in Spandau. Fährt er über den Altstädter Ring, die Kloster- und Wilhelmstraße zur Heerstraße, dann stadtauswärts die B5 zum Autobahndreieck Spandau, um auf den Berliner Ring Richtung Autobahndreieck Havelland und zur A 24 zu kommen, oder fährt er die Falkenseer Chaussee bis zum Spandauer Platz in Falkensee, dann rechts über die L 20 bis zur Autobahnauffahrt Falkensee und auf den Berliner Ring? Dies Rennen bitte ich Heiko Müller einmal auf seinem Taschenrechner zu fahren. Das Ergebnis wird die Theorie bestätigen, dass sich neue Straßen ihren Verkehr selber schaffen - Durchgangsverkehr in diesem Fall.
Die Grünen in Falkensee werden nicht müde werden zu sagen, dass dies Projekt Unsinn ist. Oder wie soll man es nennen, um den Ort eine Rennbahn zu bauen, auf der man entlang rasen soll, während man mit dem Fahrrad in (fast) der gleichen Zeit quer durch die Stadt radeln könnte?
Nun habe ich noch eine Idee, wie man Falkensee eine schöne Gartenstadt inmitten von Wäldern und Heide werden lassen kann, ohne Durchgangsverkehr und doch so, dass die Industrieansiedlungsflächen im Südosten der Stadt verkehrlich gut angebunden sind, an die B 5. Man sperrt die Brücke über den Havelkanal bei Alt-Brieselang für den Fahrzeugverkehr. Was dann bliebe, wäre tatsächlich innerstädtischer Verkehr und solcher nach Brieselang. Der Verkehr Richtung Westen und zur Autobahn liefe dann größtenteils über die B5.
Ich will dies gar nicht ernstlich vorschlagen. Das müsste sicher noch genau bedacht werden, und vielleicht spricht auch viel dagegen. Aber ich finde, dass dieser Vorschlag ein Hinweis darauf ist, dass man auch mit ganz anderen Mitteln die gewünschten Ziele erreichen könnte. Es muss sich nur die Denke ändern.
Gerd Gunkel