Adebar unter Beobachtung
Vogelgrippe, als Schreckgespenst
Der erste Storch des Jahres, der Anfang März an der Burg Ziesar in Potsdam-Mittelmark sein Quartier bezog, ahnte noch nichts von den verstärkten Beobachtungen, denen er und seine Kollegen in diesem Jahr ausgesetzt sein werden.
Ökologen und Verhaltensbiologen am Institut für Biochemie und Biologie der Universität Potsdam in enger Kooperation mit dem bei Rügen gelegene Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit bauen derzeit ein internationales Team aus Vogelkundlern und Virologen zur Erforschung von Vogelviren auf. Der Weißstorch, als für den Menschen besonders symbolträchtiger Vogel, steht dabei im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
Politiker versuchen sich zu übertreffen in mehr oder weniger öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Das solcher Aktionismus nach hinten losgehen kann, musste eben der bayerische Verbraucherminister Schnappauf (CSU) feststellen. Noch bevor fundierte Daten existierten verkündete er doch vorschnell die Infektion als Tatsache.
Man könnte den Eindruck einer biblischen Plage bekommen, die urplötzlich und unbeherrschbar über uns hineinbricht. Mit aller Gewalt versucht man dagegen vorzugehen. Bundeswehreinheiten in Spezialanzügen und selbst Tornado-Kampfflugzeuge wurden zum Einsatz gebracht. Das schnelle und einträgliche Geschäft, mit Medikamenten, Schutzutensilien und Wundermitteln boomt.
Selbstverständlich muss der Gefahr einer möglichen Ausbreitung oder Übertragung des für den Menschen gefährlichen H5N1-Virus begegnet werden. Ob Sperrzonen für nicht reglementierbare Wildvögel ein richtiger Weg sind, sein dahingestellt.
Neben der begründeten Angst vor einer Erkrankung des Menschen, treibt doch zu einem nicht unwesentlichen Teil die Furcht vor immensen Absatzverlusten in der Geflügelwirtschaft den Aktionismus an. Schließlich haben schon einige europäische Staaten deutlich gemacht, im Falle einer Infektion von Nutztieren, kein Geflügel mehr aus den betroffenen Ländern zu importieren.
Andere Infektionswege bleiben bei den bisherigen Überlegungen außen vor. Nicht unwahrscheinlich ist die Infektion in der Massentierhaltung über das industriell hergestellte Tierfutter, gerade dann, wenn es während des Herstellungsprozesses nicht ausreichend erhitzt wurde, um den Viirus abzutöten.
Bei Lyon in Frankreich wurde im Februar 11000 Truthühner getötet, als dort, in einer abgeschlossenen Tierhaltung, die Infektion nachgewiesen wurde. Hier können kaum Wildvögel als Überträger des Virus herhalten.
Es gibt also keinen Grund, seinen Kanarienvogel oder die Hauskatze vorsorglich ins Tierheim abzuschieben, oder gar auszusetzen.
Ralf Salecker